100 Jahre Eparchie Lungro Teilnahme an der Eröffnung des Jubiläumsjahres

Als Papst Benedikt XV. am 13. Februar 1919 die Eparchie Lungro in Kalabrien gründete, erhielten die Italo-Albanesen des byzantinischen Ritus erstmalig nach Jahrhunderten in Italien eine eigene Diözese. Genau auf den Tag 100 Jahre später wurde mit großer Feierlichkeit und unter reger Anteilnahme ein Jubiläumsjahr eröffnet, um dieses denkwürdige Ereignis angemessen zu begehen. Prof. Kremer vertrat dabei die KU Eichstätt-Ingolstadt und ihren ostkirchlichen Studienschwerpunkt.

Wir schreiben das Jahr 1468. Schiffe stechen auf hohe See, Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer. Doch der Weg führt nicht etwa wie heute von Afrika nach Europa, sondern von Albanien auf das italienische Festland und auch weiter nach Sizilien. Streng genommen war es auch kein Weg aus einem Land in ein völlig anderes, sondern eine Fluchtbewegung innerhalb von Gebieten, die über Jahrhunderte zum Byzantinischen Reich gehörten, welches langsam, aber sicher sein Leben aushauchte und dessen letzte Bewohner irgendwo verzweifelt Rettung und Zuflucht suchten. So wurde im heutigen Albanien in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts das Despotat Epirus, ein spätbyzantinischer Kleinstaat, allmählich von den Osmanen eingenommen. Der albanische Fürst Georg Kastriota, genannt Skanderbeg, hatte zeitlebens noch verzweifelt gegen die Osmanen gekämpft und sich dabei den Ruhm eines albanischen Nationalhelden erworben. Nach dessen Tod 1468 brach der organisierte Widerstand gegen die Osmanen zusammen, viele Christen flohen und suchten Zuflucht in Süditalien. Dort waren schon zahlreiche Albaner, denen als Dank für die politische Unterstützung Neapels unter Skanderbeg schon früher eigene Ortschaften gegeben wurden. Die Zeit bis 1480 war von einer konstanten Migration geprägt, manch andere Einwanderungswelle folgte später.

Es waren Fluchtbewegungen mit Langzeitfolgen. Die Neuankömmlinge haben als „Arbëreshë“ ihr albanisches und byzantinisches Erbe bewahrt – über all die Jahrhunderte hindurch bis auf den heutigen Tag. Zu ihrer ethnischen Identität gehört „Arbëresh“ als ihre altalbanische Sprache, viele eigene kulturelle Traditionen und eben auch die Pflege des byzantinischen Ritus in griechischer Sprache.

Lungro – ein Bergdorf im Nationalpark Pollino, gegründet 1468, rund 2.500 Menschen wohnen dort auf den lieblichen Abhängen kalabrischer Berge. Es ist das Zentrum der Italo-Albanesischen Kirche auf dem italienischen Festland (neben Piana degli Albanesi auf Sizilien). Eine mächtige Prozession formiert sich am 13. Februar 2019 vor dem bischöflichen Palais, zieht durch den Ort und hinein in die Kathedrale des heiligen Nikolaus von Myra. In erhabener Klangfülle erschallt das „Ton Despotin“ des Chores in einer eigenen Mischung aus Bewahrung uralten byzantinischen Gesangserbes und westlich inspirierter Polyphonie. Hier hat Byzanz überlebt!  S. E. Donato Oliverio steht dem Festgottesdienst vor. Seit 2012 ist er vierter Bischof von „Lungro degli Italo-Albanesi“. Es ist ihm eine sichtbare Freude, all die vielen Gäste aus Nah und Fern begrüßen zu dürfen. Als besondere Ehrengäste sind zugegen: Leonardo Kardinal Sandri, der Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen, der persönlich die Glückwünsche des Heiligen Vaters überbringt, sowie der albanische Staatspräsident Ilir Rexhep Meta. In einer feierlichen Göttlichen Liturgie wird ein frohes Fest begangen und Dank zum Ausdruck gebracht. Für das Jubiläumsjahr sind weitere Ereignisse geplant: Am 25. Mai 2019 wird im Rahmen einer großen Diözesanwallfahrt in Rom eine Privataudienz mit Papst Franziskus stattfinden, und am 18. September 2019 wird Seine Allheiligkeit Patriarch Bartholomäus aus Konstantinopel anreisen und durch seinen persönlichen Besuch Lungro beehren. So verbindet das kleine kalabrische Bergdorf Ost und West auf eine ganz besondere Weise.

Kommt man an einem anderen Tag nach Lungro, so geht es eher familiär und beschaulich zu. Doch die Herzlichkeit des Empfangs und die Lebendigkeit gelebten christlichen Glaubens in seiner byzantinischen Gestalt beeindrucken immer wieder. Bischof Donato beliebt zu scherzen, das einzige Bistum zu leiten, deren Diözesankarte aussieht wie ein Leopardenfell, denn lediglich die Kommunen mit italo-albanesischer Bevölkerung wurden einst aus den lateinischen Diözesen herausgelöst und zu einer neuen Eparchie zusammengeführt. Er kann sich diese heitere Leichtigkeit leisten, denn der ethnische Zusammenhalt der Arbëreshë und die tiefverwurzelte Identifikation mit der eigenen kirchlichen Tradition generieren eine Synergie, welche die Gemeinden in großer Lebendigkeit erhält – jenseits allgemeiner kirchlicher Entwicklungen oder gar ihnen zum Trotz. Für die Stiftungsprofessur für Theologie des Christlichen Ostens ist die freundschaftliche Verbindung und die Kooperation mit der Eparchie Lungro ein großer Gewinn und eine wertvolle Chance, einen besonderen Zugang zum Erbe des alten Byzanz zu gewinnen. Auch ist bereits eine Studienreise in Planung, welche sowohl ins alte Despotat Epirus nach Albanien führen soll als auch auf den Spuren der italo-albanesischen Emigration das byzantinische Erbe Süditaliens aufsuchen und erschließen möchte. 

Video-Bericht über die Feierlichkeiten des Fernsehsenders „Calabria 7“ www.youtube.com/watch

 

Weiterlesen