Begegnung mit Papst Tawadros II. anlässlich der Weihe der neuen koptischen Kirche in Bitburg

Im Mai weilte das Oberhaupt der Koptischen Orthodoxen Kirche, S. H. Papst Tawadros II., mehrere Tage in Deutschland, um bei einem Pastoralbesuch koptische Kirchen zu weihen. Am 17. Mai kam er in die Heimat von Prof. Kremer, um in Bitburg die neue St.-Athanasius-Kirche ihrer Bestimmung zu übergeben.

Zu Zeiten des Kalten Krieges war es ein betriebsamer US-amerikanischer Militärflugplatz, die Bitburg Air Base. 1994 zogen die Amerikaner ab, sie hinterließen eine weite Industriebrache. Anfangs bot das verwaiste Konversionsgelände einen etwas trostlosen Anblick, da es nur langsam Interessenten für eine neue Nutzung anzog. Doch die koptische Gemeinde ergriff schon früh die Gunst der Stunde und erwarb 1997 verschiedene Immobilien zu damals sehr guten Konditionen, u. a. einen großen Wohnblock der alten Housing und ein ehemaliges Kino. Ihnen war an der Nähe zu Trier gelegen. Die Moselstadt ist nicht nur Sitz des ältesten Bistums in Deutschland. Hier hat auch einer der größten Heiligen der koptischen Kirche, Athanasius der Große, von 335 bis 337 zwei Jahre im Exil verbracht. Das hat man im Osten nicht vergessen, so wie dort überhaupt geschichtliche Ereignisse aus für uns längst vergangenen Zeiten so lebendig und aktuell vor Augen stehen, dass man sich im eher schnelllebigen Westen manchmal nur wundern kann. Geschichte vergeht eben nicht einfach, sie reichert sich vielmehr immer mehr und mehr an und trägt das Gewesene mit sich wie einen Schatz – oder auch wie eine Last.

Bescheiden waren die Anfänge in Bitburg. Der alte Wohnblock war, innen wie außen, überzogen von der glanzlosen Patina einer 40-jährigen militärischen Nutzung. Hier wurden im Erdgeschoss Räume miteinander verbunden, eine Kapelle und ein Gemeindesaal eingebaut. Abuna Mina aus Tanta im Nildelta lebte viele Jahre wie ein Einsiedler im ersten Stock, bis er schließlich hoch betagt in die ägyptische Heimat zurückkehrte. Er hatte die Heimat der Wüstenväter gegen eine städtische Wüste der Moderne eingetauscht. Mit Abuna Schenuda folgte ihm ein Mönch aus dem koptischen Kloster Kröffelbach im Taunus als Pfarrer nach. Die übrigen Räume stehen bis heute Familien zur Übernachtung zur Verfügung, die oft weite Wegstrecken von bis zu 300 km auf sich nehmen, um zur Kirche zu kommen. Man verbringt dann meist das ganze Wochenende miteinander: betet, feiert und tauscht sich aus mit Verwandten und Freunden. Familiär geht es zu, jeder kennt jeden und interessierte Gäste werden offenherzig empfangen. Das Besondere des Ortes ist sein warmherziger Geist. Für die beständig anwachsende koptische Gemeinde sollte schließlich ein anderer, größerer Raum in eine Kirche verwandelt werden: das alte amerikanische Kino. Über Jahre haben die Kopten daran gearbeitet. Es wurde renoviert und vor allem ein Altarraum mit Ikonostase errichtet. Freilich kann der Raum seine frühere Nutzung nicht ganz verbergen, doch es ist ein würdiger und großer Gottesdienstraum entstanden, der nun offiziell seiner neuen Bestimmung als Kirche übergeben wurde.

Für Prof. Kremer, der selbst in Bitburg aufgewachsen ist, war es eine besondere Freude, am 17. Mai 2019 zur Weihe dieser neuen koptischen Kirche eingeladen worden zu sein. Doch schon bei der Anreise wurde eine traurige Realität orientalischen Christentums nur allzu bewusst: die ständige Bedrohung und damit verbunden die Angst vor Anschlägen. Weiträumig war das ganze Areal von der Polizei abgesichert worden, nur wer sich als Gast ausweisen konnte, wurde zugelassen. So waren eigentlich verhältnismäßig wenig Leute vor Ort, die meisten verfolgten die mehrstündige Liturgie wohl eher bei der Übertragung ins koptische Fernsehen. Doch für die, die teilnahmen, war die Freude unbeschreiblich. Es war die Freude an ihrem eigenen Gotteshaus, aber auch über die Begegnung mit ihrem Papst, der in seinem herzlichen Umgang alles andere als unnahbar war, sondern vielmehr als der geistliche Vater aller Kopten erlebt werden durfte. Die koptische Kirche war präsent mit ihren beiden Bischöfen für Deutschland, Anba Michael aus Kröffelbach und Anba Damian aus Höxter, außerdem eine ganze Reihe von Priestern und Diakonen. Bürgermeister Joachim Kandels freute sich über den hohen Besuch, der sich durch einen Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bitburg verewigte.

Beim Empfang nach der Weiheliturgie bot sich die günstige Gelegenheit, sich mit dem koptischen Papst persönlich auszutauschen, der sich sehr für die Theologie in Eichstätt und das Leben im Collegium Orientale interessierte. Gemeinsam mit Bischof Anba Damian wurde vereinbart, eine gezielte Kooperation zwischen der Koptischen Orthodoxen Kirche und der KU Eichstätt-Ingolstadt sowie dem Collegium Orientale anzustreben und nach Möglichkeit bald zu etablieren. Ein Blockseminar „Ökumene mit den Ostkirchen“ wird die Eichstätter Studierenden im kommenden Wintersemester u. ä. auch ins koptisch-orthodoxe Kloster in Höxter-Brenkhausen führen, sodass das Kooperationsprojekt zeitnah sehr konkrete Züge annehmen wird.

Der koptischen Gemeinde in Deutschland sei von Herzen gewünscht, dass sie mit ihren neu geweihten Kirchen segensreich dazu beitragen möge, Christus zu bezeugen und ein leuchtendes Beispiel einer lebendigen christlichen Gemeinschaft zu sein. In diesem Sinne spricht die Stiftungsprofessur für Theologie des Christlichen Ostens ihre besten Glück- und Segenswünsche aus. Χρόνια πολλά!

Weiterlesen