Isabella Bruckner neues Mitglied am ZRKG

Nach dem Studium der Katholischen Theologie und weiteren Studien in den Bereichen Romanistik sowie Religion in Kultur und Gesellschaft wurde Isabella Bruckner 2022 an der KU Linz promoviert. Die Dissertation wurde mit dem Karl-Rahner-Preis ausgezeichnet. Sie ist mittlerweile als Professorin für Christliches Denken und spirituelle Praxis am Päpstlichen Athenäum Sant’Anselmo in Rom tätig.  Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählt u.a. die philosophisch-theologische Reflexion (monastischer) Spiritualität. Seit Mai 2025 ist sie assoziiertes Mitglied im FF III. Im Gespräch mit dem ZRKG stellt sie sich vor.

ZRKG: An welchem Forschungsprojekt arbeiten Sie aktuell?

Bruckner: Meine aktuelle Forschung setzt sich mit einer am Phänomen des Körpers ausgerichteten Christologie, Sakramententheologie, Philosophie und Liturgie auseinander. Theologisch steht das Verständnis des Sakraments, der feiernden Gemeinde sowie der Welt als Ganzer (vgl. Kol 1,15–20) als corpus Christi im Zentrum. Einen Hauptreferenzpunkt bildet dabei das Spätwerk des französischen Philosophen Maurice Merleau-Pontys, der mit seinem Entwurf einer phänomenologischen Ontologie wegweisende Reflexionen für eine Konzeption des Körpers (bzw. „Fleisches“) anbietet. Ausgehend von der Erfahrung der Intimität dienen insbesondere die Motive von Schwangerschaft und Geburt als hermeneutische Schlüsselkategorien. Der Gebrauch der Geburtsmetapher in den biblischen Texten sowie speziell im Kontext der Tauftheologie kennzeichnen das Sein als Ganzes in seinem dynamischen, generativen Charakter. Diese Geburtlichkeit des Seins liegt bereits im christologischen Grunddogma Nizäas, der ewigen Zeugung des Sohnes aus dem Vater, begründet. In Aufnahme von Merleau-Ponty soll von daher ein christliches Körperverständnis zwischen „Fleisch“ und dessen Reflexion im Sakrament erarbeitet werden, welches eine philosophisch-theologische Konzeption der andauernden Inkarnation des Logos in den Körpern, der Ästhetik sowie in der liturgischen und mystischen Praxis zu denken erlaubt. Einbezogen wird in diesem Kontext aber auch der feministische Diskurs, um genderspezifischen Schieflagen sowohl in der Körperthematik als auch in der Christologie entgegenzuwirken. Die Idee des kosmischen Christus’ bildet den Anknüpfungspunkt seitens der dogmatischen Tradition. Sie erlaubt, eine christologisch vermittelte totale Eingeborgenheit von Schöpfung und Geschichte in die Realität Gottes zu denken und impliziert von daher die Konzeption einer Sakramentalität der Welt, wie dies in der orthodoxen Theologie verstärkt Beachtung findet.

ZRKG: Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Bruckner: Der Körper als Phänomen, Spiegel der Seele, Kampfplatz der Kräfte und Inskriptionsort der Mächte fasziniert mich schon seit Studientagen. In Wien, wo ich mein Grundstudium absolvierte, spielte neben der Phänomenologie aber auch die Psychoanalyse eine nicht unerhebliche Rolle. Seit der Dissertation versuche ich diesen Körperfragen im Kontext von Liturgie und spiritueller Praxis nachzugehen. 

ZRKG: Hat es so etwas wie einen starken Impuls, ein zentrales Motiv gegeben? 

Bruckner: Bereits seit meiner Auseinandersetzung mit der christlichen Mystik interessierte mich die Idee einer inneren Alterität; eines Gottes, der im Fleisch steckt und den Körper bewohnt; die Affekte, die es von daher ernst zu nehmen und zu lesen gilt. Eng in Verbindung steht dabei mein Staunen über das Phänomen der Schwangerschaft, wo es ganz konkret um die Erfahrung des Bewohnt-werdens und des Wachsens eines anderen im Eigenen geht. Verstärkt hat sich dann noch das Interesse für das Phänomen der Geburt, die als Metapher oder symbolisch auch für die christliche Liturgie, Sakramententheologie und Dogmatik ein zentrales Motiv darstellt.

ZRKG: Was motiviert Sie, einem interdisziplinären Forschungszentrum beizutreten? 

Bruckner: Das interdisziplinäre Arbeiten war mir von Anfang an ein Anliegen, u.a. aufgrund meiner mehrjährigen Assistenztätigkeit am Forschungszentrum Religion and Transformation in Contemporary Society (früher: Forschungsplattform Religion and Transformation in Contemporary European Society) der Uni Wien. Theologie lebt aus der Vermittlung mit anderen wissenschaftlichen Sprachspielen, um die Welt und den Menschen besser zu verstehen und ihre eigene Perspektive klarer zur Geltung zu bringen. Durch Veritatis Gaudium ist die Notwendigkeit inter- oder transdisziplinären Arbeitens nun auch kirchenoffiziell verbürgt. 

ZRKG: Gibt es Themen, die Ihnen dabei besonders wichtig sind? 

Bruckner: Die praktischen, ästhetischen und performativen Aspekte des christlichen Glaubens – ihr Verhältnis zur dogmatischen Überlieferung sowie deren Bedeutung, Relevanz und Problematik in einer plural-säkularen Öffentlichkeit – sind mir ein besonderes Anliegen. 

ZRKG: Gibt es eine Disziplin neben Ihrem eigenen Fach, der Sie sich besonders verbunden fühlen?

Bruckner: Neben der modernen und zeitgenössischen Philosophie sowie der Psychoanalyse sind es aufgrund meiner oben genannten derzeitigen Forschungsinteressen am Lehrstuhl „Pensiero e forme dello Spirituale“ (Christliches Denken und Spirituelle Praxis) vor allem die Kunst- und Kulturwissenschaft, mit denen ich das Gespräch suche.

ZRKG: Warum fühlen Sie sich besonders diesen Fächern verbunden?

Bruckner: Die Bibel als „großer Code“ der europäischen Kultur hat über zwei Jahrtausende das Denken, Fühlen, Tun und Hoffen der Menschen geprägt – und dies eben nicht nur durch rationale Argumentation, sondern vermittels der Vorstellungskraft, nämlich durch Liturgie, Frömmigkeit, Musik und Kunst. Durch die interdisziplinäre Forschung geht es mir darum, diesen Reichtum zu heben und in seiner Relevanz für ein Leben in Freiheit und friedlicher Koexistenz in pluralen Gesellschaften auszuloten. 

ZRKG: Vielen Dank für das Gespräch!

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