Prof. Kremer hält Vorlesungsreihe im 51. Theologischen Studienjahr Jerusalem

Seit 51 Jahren richtet die Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg in Jerusalem ein ökumenisches Theologisches Studienjahr aus, an dem deutschsprachige Studierende teilnehmen können. Prof. Dr. Thomas Kremer hielt vom 4. bis 8. April 2025 zum zweiten Mal Vorlesungen aus dem Themenbereich der Ostkirchenkunde.

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Neben dem regulären Curriculum der theologischen Fächer legt das Theologische Studienjahr Jerusalem großen Wert darauf, zum einen das Feld der Biblischen Exegese und der Landeskunde einschließlich der Archäologie biblischer Stätten in besonderer Weise zu vertiefen, in den Fächern Judaistik, Islamkunde und Ostkirchenkunde grundlegende Einblicke zu gewähren und vom genius loci insofern zu profitieren, als zahlreiche Begegnungen mit Israelis und Palästinensern das Programm bereichern, sodass die Herausforderungen des Heiligen Landes in der Gegenwart lebendig greifbar werden – auch das Ringen um ein Miteinander in Wohlstand und Frieden.

Das 51. Studienjahr der Dormitio stand angesichts der bedrückenden gesellschaftlichen Situation Israels unter dem aktuellen Thema: „Krieg und Frieden – Zwischen Realität und Hoffnung. – ‚Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Speere zu Winzermessern.‘ (Jes 2,4)“. Im Hinblick auf dieses Jahresthema hat Prof. Kremer seine ostkirchenkundlichen Vorlesungen unter dem Titel gehalten: „Selbstverständnis aus der Geschichte und gegenwärtige Rolle östlicher Kirchen in ihrem gesellschaftlichen Kontext“. Es ging darin – stets im Hinblick auf bestimmte Ostkirchen – um die grundsätzliche Frage, inwiefern Religionen ein Gewaltpotential aus sich entlassen können oder dem Frieden dienen. Denn hinter den meisten Kriegen und politischen Konflikten unserer Zeit stehen religiöse Konzepte, etwa das eines „Heiligen Krieges“. Christen verschiedener Ostkirchen sind oftmals in besonderer Weise darin involviert, vor allem im Nahen Osten und in Osteuropa, entweder aufgrund des Zusammentreffens von Christentum und Islam oder wegen konfessionell-ethnischer Konflikte im jeweiligen Land. Die Vorlesungen verfolgten das Ziel, die historische Perspektive auf die Geschichte und die theologische Prägung ausgewählter Ostkirchen mit ihren Narrativen und das daraus resultierende Selbstverständnis in Beziehung zu setzen zur gegenwärtigen Rolle, welche diese Kirchen in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext spielen. Der Blick auf (1) die historischen Erfahrungen von Krieg, Unterdrückung und Verfolgung, (2) die etwaigen Lösungsansätze vonseiten der christlichen Gemeinschaften sowie (3) die konkrete Rolle der verschiedenen Ostkirchen im ökumenischen und im interreligiösen Dialog zogen sich dabei wie ein roter Faden durch die Vorlesung.

Darüber hinaus haben die Studierenden zusammen mit Prof. Kremer auch die Chance zur Begegnung mit den einheimischen orientalischen Christen genutzt und auch eine deutschsprachige Göttliche Liturgie im byzantinischen Ritus in der Patriarchatskirche der Melkitischen Griechisch-Katholischen Kirche in Jerusalem gefeiert, für die eine Gruppe von Studienjahrsteilnehmern zusammen mit P. Simeon Gloger OSB eigens die Gesänge des byzantinischen Ritus gründlich einstudiert hatte. So wurde die Erfahrung östlichen Christentums den katholischen und evangelischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Studienjahrs auf lebendige Weise ermöglicht.

Am Lehrstuhl für Theologie des Christlichen Ostens haben Prof. Dr. Thomas Kremer (1993/94) und Dipl.-Theol. Joachim Braun (2010/11) selbst am Studienjahr der Dormitio teilgenommen. Frau Annabell Kühnel, die nach Abschluss ihres Magisterstudiums als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl tätig werden wird, war 2023/24 Teilnehmerin des Studienjahrs der Dormitio. Dass mit Herrn Lic. Theol. Nazarii Haiovyi erstmalig 2024/25 ein griechisch-katholischer Student und ein ehemaliger Kollegiat des Collegium Orientale am Theologischen Studienjahr Jerusalem teilgenommen hat, der nun in Eichstätt in unserem Fach sein Promotionsstudium aufnehmen möchte, und dass unser derzeitiger studentischer Mitarbeiter Martin John am Studienjahr 2025/26 teilnehmen wird, freut uns an unserem Lehrstuhl von ganzem Herzen. So wird deutlich, dass zwischen der Eichstätter Theologie des Christlichen Ostens und dem Theologischen Studienjahr der Dormitio eine langjährige, besonders enge Verbindung besteht. In diesem Sinne wünschen wir dem Studienjahr von Herzen – gerade in unsicheren Zeiten: „Χρόνια πολλά!“

[aktualisierte Fassung vom 22.05.2025]

Zum Weiterlesen: 
Theologisches Studienjahr Jerusalem
Dormitio-Abtei Jerusalem

Bei Interesse an einer Teilnahme am Studienjahr steht das Team des Lehrstuhls für Theologie des Christlichen Ostens sehr gerne für Informationen zur Verfügung!

Thomas Kremer

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