Hier finden Sie eine Sammlung hilfreicher Materialien, die sich in unseren Projekten bewährt haben – darunter validierte Fragebögen, Leitfäden und Arbeitsmaterialien. Diese Ressourcen sollen Sie in Ihrer praktischen Arbeit als Jugendhilfemitarbeitende, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten oder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen. Alle Inhalte stehen Ihnen zum Download und zur freien Nutzung zur Verfügung.
Eine Vielzahl von Untersuchungen zur psychischen Gesundheit unter unbegleiteten Geflüchteten berichten hohe Prävalenzraten psychischer Erkrankungen, darunter Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, 4.6 %-43.0 %), Depression (2.9 %-61.6 %) und Angststörungen (32.6 %-38.2 %) sowie Verhaltensprobleme (4 %-14.3 %) (Daniel-Calveras et al., 2022). Hinzukommen mitunter auch Symptome einer anhaltenden Trauerstörung. Diese treten in Geflüchtetenpopulationen deutlich häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung, da Geflüchtete häufig (multiple) traumatische Verluste naher Angehöriger erleben (Kokou-Kpolou et al., 2020). Auch PTBS und anhaltende Trauersymptome treten bei Geflüchteten häufig komorbid auf (Comtesse et al., 2024).
Auch wenn Menschen mit Fluchthintergrund eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, eine psychische Erkrankung zu entwickeln, ist hervorzuheben, dass es dennoch einen großen Anteil an resilienten Personen gibt, für die dies nicht zutrifft.
Im Rahmen der Arbeit mit Geflüchteten, fällt im Zusammenhang mit Traumafolgestörungen, oft der Begriff der Retraumatisierung. Menschen verschiedener Professionen befürchten, die traumatisierten Personen zu retraumatisieren und ihnen damit Schaden zuzufügen. So bestehen beispielsweise auch Vorbehalte gegenüber der Psychotherapie, dass es im Rahmen einer Traumakonfrontation (Traumaexposition/Traumanarrativ) zu einer solchen Retraumatisierung kommen könnte. Wir möchten daher verschiedene Definitionen dieses Begriffs mit Ihnen teilen, um ggf. bestehende Vorbehalte oder Befürchtungen auszuräumen.
Unter Retraumatisierung wird sowohl das erneute Erleben eines traumatischen Ereignisses der gleichen Art (z.B. Unfall, Katastrophe, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch) als auch Retraumatisierung im professionellen Umfeld (z.B. durch polizeiliche Ermittlungen, Gerichtsverhandlungen, Scheitern von beratenden oder therapeutischen Maßnahmen) verstanden:
„Als Retraumatisierung werden Vorgehensweisen bezeichnet, die die Patientinnen und Patienten nur emotional belasten und keine nachhaltige Erleichterung verschaffen. Es kommt zu einer Reaktualisierung des Traumas, die der Betroffene zwar selbst zu bewältigen imstande ist, die aber kurzfristig zu einer Verschlechterung führen kann.“ (Maercker, 2013)
Gemeint ist also, dass bestimmte Erinnerungsreize das Erlebte wieder ins Bewusstsein holen können. Das ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer psychotherapeutisch begleiteten Traumaexposition, wie sie z.B. auch in der TF-KVT eingesetzt wird. Der entscheidende Unterschied ist, dass die Traumaexposition nachweislich hilft, die Symptome einer PTBS langfristig zu lindern und damit Betroffenen zu Erleichterung verhilft.
Auf die psychische Gesundheit der Jugendlichen mit Fluchthintergrund wirken viele verschiedene Faktoren. Diese Faktoren können vor (prä), während (peri) oder nach (post) der Flucht auftreten.
Screening
Zur (Früh-)Erkennung von PTBS und weiteren Störungen können Sie Jugendhilfemitarbeiterinnen und Jugendhilfemitarbeitern für einen ersten Überblick auf Online-Screening-Tools verweisen. Das Online-Tool PORTA dient der Erfassung von Belastungen bei jungen Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrungen. Es können sowohl Selbst- als auch Fremdeinschätzung in verschiedenen Sprachen durchgeführt werden. Die Fragebögen werden direkt ausgewertet und die Ergebnisse können heruntergeladen werden.
Zudem finden Sie unten Screeninginstrumente in verschiedenen Sprachen, die sich in unseren wissenschaftlichen Projekten bewährt haben.
Traumafokussiertes Gruppenpräventionsprogramm "Mein Weg"
Für Jugendliche mit Fluchthintergrund, die eine subklinische Symptomausprägung einer PTBS aufweisen, stehen auch Präventionsangebote zur Verfügung.
„Mein Weg“ ist eine traumapädagogische Gruppenintervention für junge Geflüchtete zwischen 13 und 21 Jahren (Pfeiffer & Goldbeck, 2019). Anders als die meisten traumapädagogischen Konzepte wurde diese Intervention nach hohen wissenschaftlichen Kriterien auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Ziel dieses Ansatzes ist eine Symptomreduktion und Prävention bei jungen Geflüchteten mit einzelnen posttraumatischen und depressiven Stresssymptomen, die auch sehr einschränkend sein können. Ihre Symptome erfüllen aber nicht das Vollbild einer PTBS.
Die Intervention ist angelehnt an das evidenzbasierte Therapieverfahren Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT) und beinhaltet die Hauptkomponenten Psychoedukation, Entspannung, Traumanarrativ sowie das Besprechen von negativen Gedanken bezogen auf das Trauma.
Diese Gruppenintervention ist niedrigschwellig und kann von geschultem Personal in Einrichtungen der Jugendhilfe durchgeführt werden. Vorteilhaft ist, dass die Materialien weitgehend sprachfrei sind und damit mit Jugendlichen verschiedener Muttersprachen durchgeführt werden können. Insgesamt besteht eine „Mein Weg“ Gruppe aus drei bis fünf Teilnehmer:innen und zwei Gruppenleiter:innen. Die „Mein Weg“ Intervention umfasst sechs 90-minütige wöchentliche Sitzungen und zwei optionale Zusatzsitzungen.
Das offizielle Manual kann online erworben werden. Kontaktdaten für „Mein Weg“ Supervisorinnen und Supervisoren finden Sie im Manual.
Evidenzbasierte Traumatherapien (z.B. TF-KVT, EMDR, Narrative Expositionstherapie oder Prolonged Exposure Therapy) sind für einen Großteil der Kinder und Jugendlichen mit Traumafolgestörungen wirksam. Die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT) nach Cohen, Mannarino und Deblinger (2006) ist nach ersten Studien mit Geflüchteten (Patel et al., 2024; Unterhitzenberger et al., 2019) auch für diese besondere Stichprobe wirksam.
Auf unserer Online-Lernplattform TF-KVT-WEB finden Sie eine detaillierte Übersicht aller Therapieinhalte und zugehöriger Therapiematerialien. Das therapeutische Vorgehen in den PRACTICE-Komponenten (Psychoeducation, Parenting, Relaxation, Affective Expression and Modulation, Cognitive Processing, Trauma Narrative, In-vivo Bewältigung, Conjoint Sessions, Enhancing Safety) wird dort genau beschrieben.
Im Rahmen des Forschungsprojekts BETTER CARE haben wir Interviews mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geführt, die unbegleitete junge Geflüchtete behandelt haben. Dabei haben sich die folgenden Faktoren als förderlich herausgestellt:
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen des CATS-2 (Sachser et al., 2022) sowie eine Anleitung zur Auswertung.
Der CATS-2 Fragebogen erfasst potenziell traumatische Ereignisse sowie posttraumatische Stresssymptome.
Der Fragebogen soll von den Jugendlichen (zwischen 7 und 17 Jahren) selbst ausgefüllt werden (Selbstauskunft):
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen des CATS-2 (Sachser et al., 2022) sowie eine Anleitung zur Auswertung.
Der CATS-2 Fragebogen erfasst potenziell traumatische Ereignisse sowie posttraumatische Stresssymptome.
Diese Version soll von den Bezugspersonen (Eltern, Bezugsbetreuende in Jugendhilfeeinrichtung etc.) der Jugendlichen (zwischen 7 und 17 Jahren) ausgefüllt werden (Fremdauskunft):
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen der CATS-C-D (Berliner & Goldbeck, 2014) sowie eine Anleitung zur Auswertung.
Der CATS-C-D Fragebogen erfasst potenziell traumatische Ereignisse sowie posttraumatische Stresssymptome.
Diese Version soll von den Bezugspersonen (Eltern, Bezugsbetreuende in Jugendhilfeeinrichtung etc.) der Jugendlichen (zwischen 3 und 6 Jahren) ausgefüllt werden:
Das CAPS-CA-5 ist ein strukturiertes klinisches Interview zur Diagnosestellung der Posttraumatischen Belastungsstörung bei Kindern und Jugendlichen. Es basiert auf den Kriterien des DSM-5 und ist geeignet ab einem Alter von 7 Jahren. Übersetzt wurde das Interview aus dem Englischen von Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, Prof. Dr. Cedric Sachser, M.Sc.Psych. Dr. Dunja Tutus und Prof. Dr. Dipl. Psych. Lutz Goldbeck.
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen eines Informationsblatts rund ums Thema PTBS:
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen eines Informationsblatts rund ums Thema Psychotherapie:
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen für die Anleitung zur Progressiven Muskelrelaxation als Entspannungsübung:
Im Folgenden finden Sie verschiedene Sprachversionen für die Anleitung zur Bauchatmung als Entspannungsübung:
Im Folgenden finden Sie ein Informationsblatt des Bundesfachverbands unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (BumF) mit Informationen zur Beantragung der Kostenübernahme von Psychotherapie mit minderjährigen Geflüchteten und jungen Volljährigen:
Das Online-Tool PORTA dient der Erfassung von Belastungen bei jungen Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrungen. Es können sowohl Selbst- als auch Fremdeinschätzung in verschiedenen Sprachen durchgeführt werden. Die Fragebögen werden direkt ausgewertet und die Ergebnisse können heruntergeladen werden.
Interessierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Jugendhilfemitarbeitende können unter https://tfkvt.ku.de ein Online Lerntraining zur TF-KVT absolvieren. Schritt für Schritt können Sie die TF-KVT mithilfe von Beschreibungen und Videos kennenlernen. Außerdem erhalten Sie Informationen zur Behandlung von Trauersymptomatik bei Kindern und Jugendlichen. Zusätzlich sind Arbeitsblätter und weitere hilfreiche Materialien zum Download verfügbar.
Auf dieser Seite finden Sie Kontaktdaten von geschulten bzw. zertifizierten TF-KVT-Therapeutinnen und Therapeuten, die Sie gerne bei der Suche nach einem Therapieplatz kontaktieren können.
Sollten Sie psychotherapeutisch tätig sein und Interesse an TF-KVT-Supervision haben, finden Sie auf dieser Seite eine Liste von geschulten TF-KVT-Trainerinnen und Trainer in Deutschland. Außerdem erhalten Sie dort weitere Informationen zum Ablauf der Zertifizierung.
Die Webseite der Deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) bietet eine Suchfunktion, um Therapeut:innen in Ihrer Nähe zu finden. Nutzer:innen können u.a. gezielt nach Fachkräften mit Qualifikation im Bereich Trauma suchen. Damit richtet sich das Angebot an alle, die professionelle psychotherapeutische Unterstützung benötigen, und bietet eine hilfreiche Möglichkeit, Spezialist:innen für Traumafolgestörungen ausfindig zu machen.
Die Videoserie „Flucht und Trauma“ des Max-Planck-Instituts bietet wertvolle Einblicke in die psychischen und körperlichen Belastungen nach Flucht und Migration. Sie vermittelt in verständlicher Weise Wissen über Traumafolgen und gibt praktische Tipps zur Selbsthilfe. Die Videos sind in mehreren Sprachen verfügbar, um möglichst viele Menschen zu erreichen.
Refugio München ist ein Beratungs- und Therapiezentrum, das sich auf die Unterstützung von traumatisierten Menschen mit Fluchterfahrung spezialisiert hat. Mit einem großen Angebot an psychosozialen, therapeutischen und pädagogischen Leistungen ist es eine wichtige Anlaufstelle für traumatisierte Geflüchtete in Bayern.
Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V. (BAfF) ist der Bundesverband von Einrichtungen und Initiativen, die sich der psychosozialen und therapeutischen Versorgung von Geflüchteten widmen. Sie stärkt die Versorgungssituation traumatisierter Geflüchteter durch den fachlichen Austausch mit Mitgliedszentren und internationalen Partner*innen, die Entwicklung von Qualitätsstandards und die politische Vertretung gemeinsamer Anliegen.
Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e. V. (BumF) setzt sich für die Rechte und Perspektiven junger Geflüchteter ein. Er unterstützt Fachkräfte und Organisationen mit Beratungs-, Qualifikationsangeboten und fördert den Austausch zu Themen wie Asylverfahren und Integration. Der BumF engagiert sich auch politisch für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Deutschland
Auf der offiziellen TF-CBT Website finden Sie weitere hilfreiche Ressourcen zur erfolgreichen Implementierung der Traumafokussierten Kognitiven Verhaltenstherapie (TF-CBT). Außerdem stehen angepasste Manuale der TF-CBT für spezifische Zielgruppen wie LGBTQ-Jugendliche zur Verfügung.
Auf der Website des Projekts "Leben ohne Traumafolgen" finden Sie für die Jugendlichen altersgerechte Informationen zu den Folgen von Traumata sowie weitere Materialien und Hilfsangebote zu deren Unterstützung. Unter der Website Du Auch finden Sie weitere altersgerechte Informationen zu anderen psychischen Krankheiten.