Intersubjektive Anerkennung aus sozial-epistemologischer Perspektive

Prof. Dr. Krassimir Stojanov

Mit diesem Projekt wird das Ziel verfolgt, einen begrifflich-analytischen Zusammenhang zwischen den Ansätzen der Anerkennungstheorie und der Sozialen Epistemologie (social epistemology) herzustellen. Dadurch sollen die sozialen Voraussetzungen und Mechanismen der Produktion und des Erwerbes von Wissen aus einem anerkennungstheoretischen Winkel heraus beleuchtet werden. Dies könnte zu einem besseren Verständnis der Motivationsquellen für Wissenserwerb – einschließlich im Kontext institutionalisierter Bildung – beitragen.

Im Projekt wird die Fragestellung aufgegriffen, inwiefern und wie sich das Konzept der „epistemischen Ungerechtigkeit“ („epistemic injustice“) anerkennungstheoretisch übersetzten und anreichern lässt. Inwiefern lässt sich „epistemic injustice“ in Praktiken der emotionalen Ignoranz, Diskriminierung und Geringschätzung in Bezug auf Kenntnisse, Erfahrungen und kognitiven Fähigkeitspotenziale von bestimmten Personen und Personengruppen aufspüren und konkretisieren? Des Weiteren soll untersucht werden, wie stark und in welchen Formen die erwähnten Missachtungspraktiken Verbreitung an Bildungsinstitutionen finden, und wie diese Praktiken die Motivation der Betroffenen beeinflussen, Wissen zu erwerben und sich an gesellschaftlichen Wissensproduktion zu beteiligen   

Diese Forschungsfragen erfordern unterschiedliche Methodenformate.  Zum einen sollen begriffsanalytische Rekonstruktionen durchgeführt werden, die die Kompatibilität und die Komplementarität zwischen dem Konzept der „epistemic injustice“ und der anerkennungstheoretischen Architektonik der Missachtungsformen der emotionalen Ignoranz, Diskriminierung und sozialen Geringschätzung untersuchen sollen. Zum anderen soll im Rahmen einer Promotion eine qualitativ-empirische Studie durchgeführt werden, die bildungsbezogene Missachtungserfahrungen von Personen mit Migrationsgeschichte und von Mitgliedern sozial unterprivilegierter Gruppen, sowie die motivationalen Auswirkungen dieser Erfahrungen auf Wissenserwerb mittels biographisch-narrativen Interviews untersucht.