Kirchenasyl als rechtliche Institution wurde im 19. Jahrhundert offiziell abgeschafft. Es existiert kein Recht auf Kirchenasyl. Gleichwohl hat es sich als moderne Schutzpraxis etabliert und weiterentwickelt. Es handelt sich um ein Verfahren, das durch umstrittene und sich fortlaufend ändernde Verfahrenslogiken, Vereinbarungen und Praktiken gekennzeichnet ist. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Kirchenasyl von staatlicher Seite geduldet – aber auch sanktioniert, z.B. in Form von Strafverfolgungen der im Kirchenasyl Engagierten. Damit zusammenhängend wird im öffentlichen (und auch wissenschaftlichen) Diskurs immer wieder die Legalität und Legitimität von Kirchenasyl diskutiert. Es existieren aber keine Forschungsarbeiten, die sich explizit dem Prozess des „Gewährens“ von Kirchenasyl widmen. Der Fokus dieser Arbeit liegt darauf, diesen Gewährensprozess besser zu verstehen. Die zentrale Frage lautet daher: Wie wird Kirchenasyl gewährt? Um dem nachzugehen, schließt sich folgender Fragenkomplex an:
Um diesen Fragen nachzugehen, liegt der Fokus auf der empirischen Erhebung der Erfahrungen, Perspektiven, Deutungen und Begründungen der Engagierten bzw. „Gewährenden“ von Kirchenasyl im Rahmen qualitativer Interviews. Damit können nicht nur der Gewährensprozess, sondern auch die Engagierten als bedeutsame Akteure im zivilgesellschaftlichen Engagementfeld Kirchenasyl genauer in den Blick genommen werden.
Wenngleich beim Kirchenasyl kirchliche Akteure nicht im modernen Sinne über Asylfragen entscheiden oder Asyl gewähren, wird in staatliche (asylrechtliche) Entscheidungen eingegriffen. Die Rolle der Engagierten als zumindest temporär machtvolle Akteure im Rahmen eines Asylregimes wird sichtbar.
Kirchenasyl wird in einem diskursiven Spannungsverhältnis von „humanitär“ vs. „politisch“ verhandelt, es ist damit eng mit Fragen „des Politischen“ verknüpft. Auf Gegenstandsebene wird permanent ausgehandelt, wo die Grenzen des Politischen sind und ob Kirchenasyl politisch ist. Diese Verständnisse vom und Bezüge zum „Politischen“ sind als Teilnehmer:innenbegriffe zu verstehen, die zum Beobachtungsgegenstand gehören und im Rahmen der Arbeit rekonstruiert werden. Damit sollen vor allem die politischen Dimensionen von Engagement bzw. die Ambivalenzen humanitärer Hilfe im Kirchenasylgewähren herausgearbeitet werden.
Was genau ist „das Politische“ am Kirchenasylgewähren und in welchen Dimensionen tritt es auf? Welche Effekte hat es?
Die Forschungsfragen zielen darauf, das Phänomen Kirchenasyl explorativ zu erschließen.
Laufzeit:
laufend, seit 2021
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