Lehrveranstaltungen

Zurück zur Lehre

Hier finden Sie eine Übersicht über die Lehrveranstaltungen des Lehrstuhls für Theologie des Christlichen Ostens im aktuellen sowie in den vergangenen Semestern. Bei Rückfragen helfen wir Ihnen selbstverständlich gerne weiter!

Ostkirchliches Essen & Fasten - Seminar im WiSe 2022/23

„Essen hält Leib und Seele zusammen!“ – Diesen bekannten Spruch hört man gern, meist aber nur dann, wenn eine fragwürdige Völlerei zu rechtfertigen versucht wird. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Ernährung & Spiritualität, zwischen der Leiblichkeit von Essen & Trinken und der geistlichen Dimension des Gebets dem Christentum seit seinen frühesten Anfängen wohl vertraut: Fastenzeiten entstehen schon bald und führen hin zu den großen Festen, indem eine besondere Ernährung die Zeit der Vorbereitung prägt. Ihre Regeln haben oft einen tiefen Sinn, zeugen vom Wissen um den Zusammenhang zwischen Leib & Seele, zwischen Ernährung & Weite des Geistes. Bestimmte Tagen des Jahres werden durch bestimmte Speisen gekrönt, das geschmackliche Empfinden begleitet den Jahreskreis.
Essen & Fasten sind in den Ostkirchen sehr konkrete Elemente, welche den Alltag des ganzen Jahres nachhaltig prägen. Es beginnt bereits beim „heiligen Brot“ der Prosphoren, die für die Liturgie verwendet werden. Und bei allem bleibt es auch wirklich im Konkreten, gerade das Fasten unterliegt keiner zu starken Spiritualisierung, ist nie Verzicht auf Essen und Trinken um des Verzichtes willen allein, sondern Abstinenz von ganz Bestimmtem zu bestimmter Zeit. Insbesondere der Verzicht auf Muskelfleisch von Säugetieren hat dabei eine besonders gewichtige Bedeutung. Ostkirchlichem Fasten geht es immer um die Leib-Seele-Dimension des Glaubens, die Leibverbundenheit des Fastens in Korrelation auf dessen geistliche Wirkung steht im Zentrum.
Das Seminar erhellt die geschichtlichen Hintergründe der ostkirchlichen Fasten- und Esskultur, geht exemplarisch auf die sehr verschiedenen kulturellen Entwicklungen der einzelnen Kirchen & Regionen ein und integriert die konkrete Umsetzung beim gemeinsamen Kochen & Verkosten der jeweiligen Speisen & Getränke.

Sitzung 9: Αγιορείτικη Κουζίνα – Athonitische Esskultur als (fast) veganer Hochgenuss

„Es gehört zu dem, was man auf dem heiligen Berge erfährt, um es nicht so leicht zu vergessen, daß das gemeinsame Essen in den Bereich des Sakramentalen gehört. Ein Sonntagmorgenmahl in Grigoriu ist mir so nahe, daß es in meiner Erinnerung stellvertretend für alle anderen mahle verblieb. Ein großer und niedriger Raum, ungemein niedrig für seine Länge und Breite, man hat das in gotischen Rats- und Gerichtkammern, Auditorien und Studierstuben, in Räumen also, die Sammlung erfordern, und man kennt das Befinden das sich in einem solchen Raume herstellt: die niedere Decke erzeugt jene leichte Pressung, die unserer Natur nun einmal bekommt.
Der Gottesdienst hatte die ganze Nacht über gedauert. Wir waren zwar nur die letzten paar Stunden dabeigewesen, das genügte jedoch, um das traumwache Morgengefühl zu erzeugen, jenen Zustand großer Empfängnis, der nur das Wenigste einläßt, das aber so königlich, so gekrönt, daß man glaubt, es sei erst in diesem Augenblicke erschaffen. Niemand wird leugnen, daß es nur die Momente so großer Aufnahme sind, in denen er wirklich gelebt hat. Also, die Väter zogen aus der Kirche in diesen Raum ein, das Abt an der Spitze, dann wir, die Gäste […]. Man nahm an den uralten gescheuerten, gerillten Holztischen Platz. Vor jedem ein Schüsselchen kalter Bohnensuppe, auf gewürfeltem Mundtuch ein kleiner Brotlaib, ein Käse und ein kleiner Zinnkrug mit Wein. Der Abt schlug mit metallenem Griffel an eine Glocke, die Legende begann, stumm aßen alle.
[…] Es ließ sich in momentaner Hellsicht erkennen: dies war es, das gemeinsame Herrenmahl der Urchristen, dessen Sinn war, das gemeinsame Warten auf die Letzten Dinge, auf die Wiederkunft Christi zu fristen. Noch einmal ein Morgen, noch einmal ein Tag. Noch einmal ein Warten. Aber morgen wirds kommen, das Heil, morgen.“

Mit diesen eindrucksvollen Worten beschreibt Erhart Kästner in der „Stundentrommel vom heiligen Berg Athos“ seine Erfahrungen mit der hagioritischen Esskultur. Die Küche der Mönche ist einfach, aber schmackhaft, mit viel Gemüse aus eigenem Anbau. Fleisch wird nicht gegessen, denn weibliche Tiere dürfen den Heiligen Berg nicht betreten. Dafür gibt es Fisch und Meeresfrüchte. Die vier im Seminar zubereiteten Speisen stammen von Vater Epiphanios Mylopotaminos (1956–2020), dem „Chefkoch“ des Athos. Sein Kochbuch Μαγειρική του Αγίου Όρους wurde in viele Sprachen übersetzt.

Ταχινόσουπα – Tahinisuppe
Πράσα με σέλινα και λεμόνι στον ταβά – Lauch mit Sellerie und Zitrone aus der Pfanne
Μπακαλιάρος με δαμάσκηνα – Kabeljau mit Pflaumen
Βερίκοκα γεμιστά με ξηρούς καρπούς και μέλι – Aprikosen gefüllt mit Nüssen und Honig

Sitzung 8: الوجبة المباركة – Orientalische Gaumenfreuden, levantinische Kochkunst

In umtriebigen Basargassen bieten vorlaute Händler ihre Waren feil, bunte Gewürze aus tausendundeiner Nacht türmen sich vor den Läden, frisches Gemüse und duftende Kräuter werden angepriesen, Schwaden von Wasserpfeifenrauch, den teetrinkende und backgammonspielende Männer ausatmen, aromatisieren die Luft, schwarz verhüllte Frauen huschen vorüber – unser romantisierendes Bild vom Orient ist spätestens seit Edward Saids „Orientalismus“ (1978) als kulturimperialistische Projektion entlarvt. Gibt es überhaupt „den“ Orient?
Der Eichstätter Student Hanna Hanna stammt aus Syrien. Er hat seinen Kommilitoninnen und Kommilitonen erklärt, wie komplex seine Identität als arabischer Christ ist – auch innerhalb einer muslimischen Mehrheitsgesellschaft. Dass Koch- und Esskultur wesentlicher Bestandteil dieser Identitätsbestimmung sein können, hat das Seminar im Laufe des Semesters bereits mehrfach aufgezeigt. Hanna hat vier Rezepte ausgesucht und ihre Hintergründe erläutert.

بربارة (barbara) – Weizen-Bowl zum 4. Dezember

Zum Barbaratag am 4. Dezember (عيد البربارة) wird in der ganzen Levante eine Süßspeise aus gekochten Weizenkörnern zubereitet. Sie wird mit Zimt, Anis und Fenchel aromatisiert. Nach Geschmack und Belieben sind die Toppings: getrocknete Aprikosen, Mandeln, Pistazien, Granatapfelkerne … Im Hintergrund steht die Wundererzählung, dass die Märtyrerin Barbara vor ihren Peinigern in ein Weizenfeld fliehen musste. Die niedergetrampelten Halme wuchsen sofort nach und verrieten so nicht ihren Fluchtweg.

بابا غنوج (bābā ġannūǧ) – „Salat des Mönches“

Die Legende, die sich um diesen Auberginenaufstrich rankt, soll bis ins erste Jahrhundert zurückreichen. Damals wurde dem Priester mit dem Namen بابا غنوج von einem treuen Anhänger diese Speise serviert. Weil der selbstlose Priester sie nicht alleine essen wollte, teilte er mit seiner Gemeinde. Seither ist das Gericht eine sehr beliebte Fastenspeise, nicht nur für Mönche.

لبن امو / شاكرية (laban immū / šākriyya) – Verstoß gegen Ex 23,19?

Das Gericht mit dem sprechenden Namen „Muttermilch“ (لبن امو) wird traditionell an Ostern zubereitet. In Syrien ist es unter dem Namen شاكرية bekannt, der aus dem Wortfeld „Dankbarkeit“ stammt. Möglicherweise steht bei diesem Gericht ein antijudaistischer Impetus im Hintergrund, schließlich wird hier das „Böcklein“ in der „Milch seiner Mutter“ gekocht.

معمول (maʿmūl) – handgemachte Dornenkronen

Das kleine Grießgebäck wird von den Christen vor allem zu Ostern, aber auch von den Muslimen am Zuckerfest am Ende des Fastenmonats Ramadan gegessen. In christlicher Deutung stellen die runden Kekse das Grab Christi und die Kringel die Dornenkrone dar.

Sitzung 7: „Das große Backen“: Griechisches Festtagsgebäck im Laufe des Kirchenjahres

Osterlämmchen, Blasiuslaibchen, Allerseelenbrezen, Martinszöpfe –die bayrische Hausfrau (oder der bayerische Hausmann) kennt allerlei Backwerk, das an besonderen Festtagen des Kirchenjahres zubereitet wird. Das hat sie (oder er) mit der griechischen Hausfrau (oder dem griechischen Hausmann) gemeinsam. Bestimmte kirchliche Festtage werden – in Bayern wie in Griechenland – kulinarisch mit Kuchen, Broten oder süßem Fettgebäck ausgezeichnet. In der Seminarsitzung lernten die Studierenden vier traditionelle griechische Backwaren kennen.

Βασιλόπιτα – glücksbringender Neujahrskuchen zu Ehren des Hl. Basilius

Die Vassilopita ist der traditionelle Neujahrskuchen in Griechenland. Dieser Brauch geht auf eine Legende über Basilius von Cäsarea zurück: Der römische Präfekt Kappadokiens habe so hohe Steuern erhoben, dass die meisten Menschen sie nicht hätten bezahlen können. Daraufhin habe Bischof Basilius die Reichen des Landes gebeten, den Anteil der Armen zu spenden. Tatsächlich sei die benötigte Summe zusammengekommen. Der Präfekt soll darüber so erstaunt gewesen sein, dass er auf die Steuer letztlich verzichtete. So habe der Bischof zahlreiche Kuchen backen lassen, in jedes Gebäck eine Münze versteckt und sie unter den Armen verteilt. In die Vassilopita wird deshalb eine Münze eingebacken und derjenige, der das Geldstück findet, hat im neuen Jahr besonders viel Glück.

Λαγάνα – Brot für Καθαρή Δευτέρα

Am 48. Tag vor Ostern, dem „reinen Montag“ (Kathari Deftera), beginnt die vorösterliche Fastenzeit. Der Name des Tages verweist auf den Sinn der nachfolgenden Wochen: Der Christ soll sich seelisch und körperlich reinigen und auf Ostern vorbereiten. Dieser erste Fastentag ist in Griechenland ein offizieller Feiertag, Schulen und Geschäfte bleiben geschlossen. Die Familie unternimmt einen Ausflug ins Freie, die Kinder lassen Papierdrachen fliegen. Bei einem gemeinsamen Picknick gibt es fleischlose Fastenspeisen. Dazu das traditionelle Brot: Lagana.

Λαζαράκια – kleine „Lazarusse“ für den Lazarussamstag

Am Samstag vor der Karwoche kneten Bäckerinnen in Griechenland und auf Zypern kleine süße Gewürzbrote. Sie werden gegessen, um an das Wunder Jesu zu erinnern, der seinen Freund Lazarus von den Toten auferweckte. Sie haben die Form eines Mannes, der in ein Leichentuch gehüllt ist – so, wie Lazarus in der byzantinischen Ikonographie dargestellt wird. Lazarakia sind Symbol des Lebens, das den Tod überwindet. Gerne wird eines dieser segensreichen Brote das ganze Jahr über im Haus behalten.

Λουκουμάδες zum Fest des Hl. Andreas ο τρυποτηγανάς (30. November)

Die fromme Legende weiß: Jesus ist mit seinen Jüngern auf Wanderschaft, lehrt und predigt. Als sie im Dorf des Apostels Andreas ankommen, sind sie hungrig. Andreas lädt Jesus zusammen mit den anderen in sein Haus ein. Doch als sie dort ankommen, teilt ihm seine Frau mit, dass außer Wasser, Mehl, Öl und Honig nichts im Haus ist. Andreas überlegt nur kurz und schlägt dann seiner Frau vor, dass sie Pfannkuchen für Jesus backen solle. Aus diesem Grund werden am Festtag des Hl. Andreas süße Loukoumades gebacken. Zu jeder Hausfrau, die diesen Brauch vernachlässige, komme der Apostel persönlich und durchbohre ihre Pfanne – daher der Beiname des Andreas: ο τρυποτηγανάς = „der Pfannenlöcherer“.

Sitzung 6: Святий Вечір – Der Heilige Abend des Weihnachtsfestes in der Ukraine

Die letzte Seminarsitzung vor den Weihnachtsferien beschäftigte sich mit der Tradition des Heiligen Abends in der Ukraine, nach julianischem Kalender am 6. Januar. Dann versammelt sich die Großfamilie um den Tisch, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Zwölf Fastenspeisen – ohne Fleisch, Milch oder Eier – werden aufgetischt, deren Zahl an die zwölf Apostel erinnern soll. Auf die Tafel wird auch etwas Heu gestreut, um so den Geruch der Krippe von Bethlehem ins heimische Esszimmer zu bringen. Eine kunstvoll verzierte Weizengarbe (дідух) symbolisiert die bleibende Verbindung mit den verstorbenen Familienmitgliedern.
Mariia Mytko, Yuliia Kolodchyn und Pavlo Verholiak berichteten den Studierenden von den unterschiedlichen Traditionen in ihren Familien. Unter ihrer fachkundigen Anleitung wurden zwei der traditionellen Gerichte zubereitet.

Кутя – Kutja

Die aus gekochten Weizenkörnern, gemahlenem Mohn, Walnüssen, Rosinen und Honig bestehende Süßspeise gehört unbedingt zu den zwölf Gerichten des Heiligen Abends hinzu. Nach dem Tischgebet eröffnet das Familienoberhaupt mit dem ersten Löffel Kutja das feierliche Abendessen.

Вареники – Wareniki

In den herzhaften Teigtaschen verbarg sich entweder eine Kartoffel-Zwiebel- oder eine Kartoffel-Sauerkraut-Füllung. Dazu wurde eine schmackhafte Steinpilzsoße serviert. Wareniki bilden geradezu ein Symbol nationaler Identität in der ukrainischen Küche.

Zur Tradition des ukrainischen Heiligen Abends gehört auch das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern (колядувати). Mit einer Aufnahme des Adventskondakions, intoniert vom Chor des Collegium Orientale, wünscht die Stiftungsprofessur ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest – vor allem auch den Menschen in der Ukraine, die es 2022/23 trotz widrigster Umstände feiern werden.

Video Startbild

Bitte beachten Sie: Durch Klicken auf die Bildfläche geben Sie Ihre Einwilligung, dass Videoinhalte von YouTube nachgeladen, Cookies von YouTube/Google auf Ihrem IT-System gespeichert und personenbezogene Daten wie Ihre IP-Adresse an Google weitergegeben werden. Klicken Sie nach Beendigung des Videoinhaltes auf ein anderes Video, öffnet sich in einem neuen Tab Ihres Browsers YouTube und erfasst weitere Daten von Ihnen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen und unter Google Privacy.

Sitzung 5: ഭക്ഷണം ആസ്വദിക്കുക – Rezepte aus Kerala: „Dort, wo der Pfeffer wächst!“

„Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst!“ Für jemanden, der sich der ostkirchlichen Theologie widmet, impliziert dieser verwünschende Ausspruch keineswegs eine bestrafende Verbannung, sondern vielmehr eine erstrebenswerte Abenteuerreise. Entlang der südindischen Malabarküste lässt sich die bunte Vielfalt der Thomaschristenheit entdecken – und die Vielfalt der Geschmäcker, Gewürze und Zutaten in den Kochtöpfen Keralas.
Indien ist ein großes Land mit über drei Millionen Quadratkilometern unterschiedlichster Landschaften – von den Bergen des Himalaya bis zum Kap Komorin am Indischen Ozean. In den vielfältigen Regionen haben sich unterschiedliche kulinarische Traditionen entwickelt. Lokale landwirtschaftliche Gegebenheiten, kulturhistorische Entwicklungen und nicht zuletzt die Religionsgemeinschaften haben diese regionalen Küchen weiter modifiziert.
Indiens Westküste wurde ab dem 16. Jahrhundert von den Portugiesen regiert. Die ausländischen katholischen Missionare führten in ihren Seminarien einen europäischen Speiseplan ein. Plötzlich wurden auch Rindsrouladen serviert – und das, obwohl der Kuh im Hinduismus doch eine besondere Bedeutung zukommt.
In der Seminarsitzung bereiteten die Studierenden Speisen zu, die von den Thomaschristen vor allem an bestimmten Feiertagen gekocht werden.

പെസഹ അപ്പവും പാലും – Pesaha Appam und Paal

Pasaha Appam ist eine Art ungesäuertes Reisbrot, das in der Nacht des Gründonnerstags gegessen wird. Dafür wird es in Paal, mit Jaggery – unraffiniertem Rohrzucker – gesüßter Kokosmilch, getaucht.

മീൻ മോളി – Fish Moolie

In einer Küstenregion gehört Fisch natürlich zum Speiseplan. Fish Moolie ist ein Fischcurry, für das Kerala berühmt ist. In der Gegend um Kottayam wird es besonders zu hohen kirchlichen Festtagen wie Weihnachten oder Ostern serviert.

ബീഫ് ഉളർത്തിയതു & കേരള പൊറോട്ട – Beef Ularthiyathu & Kerala Porotta

Curryblätter, Ingwer, Knoblauch, Chili, Pfeffer, Koriander, Kurkuma, Garam Masala und Kokosnusssplitter aromatisieren das Beef Ularthiyathu. Das bei keralesischen Christen populäre Gericht besitzt in Indien politische Sprengkraft: Immer wieder wird über ein Verbot von Rindfleisch nachgedacht. Das dazu servierte Kerala Porotta ist ein in der südindischen Küche weit verbreitetes Fladenbrot.

കൊഴുക്കട്ട – Kozhukatta

Die süßen Reisknödel mit einer Füllung aus Kokos und Jaggery werden von den Thomaschristen am Samstag vor Palmsonntag zubereitet. Sie stellen die Steine dar, die am Karfreitag während des Kreuzwegs auf Christus geworfen worden sein sollen. Das süße Innere aber symbolisiere die große Liebe Christi zu den Menschen.

അച്ചപ്പം – Achappam

Der kross frittierte Keks ist in Kerala eine unverzichtbare Süßigkeit für Christen an besonderen Feiertagen wie Weihnachten oder zu Hochzeitsfeiern. Um die charakteristische Rosettenform zu erhalten, braucht es eine spezielle Form und etwas handwerkliches Geschick.

Sitzung 4: Νηστίσιμα – Was in der griechischen Fastenzeit so köstlich schmeckt

Weight Watchers, Glyx-Tabellen, Low Carb, Trennkost – Diäten und Ernährungsformen, um dem eigenen Körper etwas Gutes zu tun, gibt es viele. Doch worum geht es eigentlich, wenn das Christentum vom Fasten spricht? Nur darum, überflüssige Pfunde zu verlieren? Dient religiös motiviertes Fasten bloß zur persönlichen „Wellness“?
Geht es beim Fasten nicht vielmehr um eine Neuausrichtung und Korrektur, den spirituellen „Verzicht“, die innere Einkehr? Dies lässt sich auf vielfältige Weise gestalten: Das Auto bleibt mal stehen, um der Umwelt nicht zu schaden; Fernseher und Smartphone bleiben aus, um mehr Zeit für Familie und Freunde zu haben; Karrierestress wird hintangestellt, damit die Life-Work-Balance wieder stimmt.
Diese „Spiritualisierung“ des Fastenbegriffs ist der ostkirchlichen Tradition fremd. Beim Fasten geht es um den konkreten Verzicht von ganz bestimmten Lebensmitteln zu ganz bestimmter Zeit. Die Kirchen byzantinischer Tradition kennen generell vier große Fastenzeiten: die 40-tägigen Großen Fasten vor Ostern; die Philippusfastenzeit vor Weihnachten, die mit dem 15. November beginnt; das Apostelfasten, das am ersten Sonntag nach Pfingsten startet und mit dem Fest Peter und Paul endet; und schließlich das Muttergottesfasten vom 1. bis 15. August.
Mit dem griechischen Begriff „Nistissima (Νηστίσιμα)“ werden die Speisen bezeichnet, die dem orthodoxen Christen an Fasttagen und zu Fastenzeiten erlaubt sind. Wenngleich es Fastenrezepte sind, so gibt es doch einen wesentlichen Unterschied zum westlichen Fastenbegriff: Es geht nicht um die mengenmäßige Enthaltsamkeit beim Essen, sondern um den Verzicht auf ganz bestimmte Lebensmittel. Davon betroffen sind Fleisch, Fisch, alle Milcherzeugnisse, Eier und in bestimmten Fastenzeiten auch Öl. Die Rezepte sind also fast alle vegan. Denn andere Lebensmittel, die im Westen als Delikatessen gelten, etwa Tintenfisch, Muscheln, Kaviar etc., unterliegen keiner Einschränkung.
In der Seminarsitzung bereiteten die Studierenden fünf typische griechische Fastenspeisen zu, die entgegen der Erwartung keineswegs kärglich und fad schmeckten, sondern durchaus köstlich und schmackhaft waren. Die Rezepte stammen aus dem von Werner Feißt übersetzten Kochbuch „Was vor den Festtagen so gut schmeckt“ (Baden-Baden / München 1987).

Ρεβυθόσουπα με λεμόνι (Kichererbsensuppe mit Zitrone)
Μουσακάς με μελιζάνες (Auberginenmoussaka)
Στιφάδο με κρεμμύδια (Zwiebelstifado)
Μυδοπίλαφο (Muschelpilaw)
Αμέθυστα (Nusstaschen)

Sitzung 3: Համեցեք! Armenische Identität und christliche Tradition(en)

Essen spielt eine wichtige Rolle bei der Formung von Identitäten, Kulturen und Gesellschaften. Unter Anleitung von Dr. Anahit Avagyan „erschmeckten“ die Studierenden vier traditionelle Gerichte der armenischen Küche.

Harissa: Widerstand mit Porridge

Harissa ist ein dicker Brei aus Weizengraupen mit Lamm- oder Hühnerfleisch, der stundenlang gekocht und gerührt wird, wodurch er seine einzigartige cremige Textur erhält. Die christliche Überlieferung führt die Ursprünge dieses Gerichts auf Gregor den Erleuchter zurück, der damit die Armen speiste. Harissa hat für die Armenier eine besondere Bedeutung erlangt. Während des Völkermords im Ersten Weltkrieg beschlossen Armenier aus sieben Dörfern den Musa Dagh zu erklimmen und auf dem Gipfel verschanzt Widerstand zu leisten. Sie kämpften von Juli bis September 1915 über 40 Tage lang gegen die jungtürkischen Truppen. Während dieser Zeit hatten sie Weizen und Lamm bei sich, sodass sie Harissa kochten, um die über 5000 Menschen ernähren zu können. Dieser Begebenheit hat Franz Werfel im ersten Kapitel des zweiten Buchs seines monumentalen Epos „Die 40 Tage des Musa Dagh“ ein bleibendes Denkmal gesetzt. Bei den Nachfahren der Überlebenden ist dieses Gericht deshalb stark mit der Erinnerungskultur des Völkermords verbunden.

Lawasch: „Unser täglich Brot“

Einen wichtigen Platz auf der armenischen Speisekarte nimmt das Brot ein. Nicht zufällig ersetzt man oft die Wörter „frühstücken“, „zu Mittag“ und „zu Abend essen“ einfach durch „Brot essen“ – vergleichbar mit der bayerischen „Brotzeit“. Die dünnen Fladen aus ungesäuertem Teig werden mithilfe eines speziellen ellipsenförmigen Kissens ausgezogen und mit einem schnellen Schlag an die heiße Seitenwand des Tonirs, eines in den Boden eingelassenen Lehmofens, geklebt und dort nur fünf Minuten gebacken. Seit 2014 gehört Lawasch zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.

Ghapama: Weltkugel zum Jahreswechsel

Der mit Pilaw – einer Mischung aus Reis, Trockenfrüchten, Nüssen, Honig und Zimt – gefüllte Kürbis wird im Ofen gegart. Das runde Fruchtgemüse symbolisiert dabei die Weltkugel, die Reiskörner stehen für die vielen Menschen und die Trockenfrüchte und Nüsse repräsentieren die unterschiedlichen Nationen und Religionen. Der süße Honig verbindet alles miteinander, er verweist also auf den Frieden, der zwischen den Menschen dieser Welt herrschen soll. Traditionell wird dieses Gericht zum Jahreswechsel und Weihnachtsfest zubereitet.

Gata: Sündigen zum Mittfasten?

Darf zur Mitte der Fastenzeit einmal kurz süß gesündigt werden? Wenn, dann mit Gata: einem leckeren Kuchen mit zuckriger Füllung. Auf die Oberfläche wird mit einer Gabel vor dem Backen ein charakteristisches Wellenmuster eingeritzt. Im Kuchen selbst ist eine Münze versteckt. Wer sie findet, hat im kommenden Jahr besonders viel Glück.

Sitzung 2: „The Taste of Byzantium“ – Schmackhafte Realienkunde

Wie schmeckt Byzanz? Die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches am Knotenpunkt wichtiger Handelswege war ein Schmelztiegel der Kulturen – auch der Koch- und Esskulturen. Die byzantinischen Köche experimentierten mit neuen Kombinationen aus lokalen traditionell hellenischen Rezepten, neuen orientalischen Gewürzen aus Persien oder Indien, Einflüssen aus dem lombardischen Italien und arabischen Gerichten. So entstand eine wahre „fusion kitchen“. In der zweiten Seminarsitzung wurden vier Gerichte aus dem mittelalterlichen Byzanz nachgekocht und verkostet.

Afratum (Anthimos, De observatione ciborum 34, 6. Jh.)

Der wohl wegen Hochverrats aus Byzanz nach Gallien exilierte Arzt Anthimos schrieb an den Frankenkönig Theuderich I. einen lateinischen Brief über gesunde Ernährung. Darin ist ein Rezept für Hähnchenfleisch in Eischneemasse erhalten:

„Das auf Griechisch sogenannte afratus (ἀφρωτόν), das auf Lateinisch spumeum genannt wird: es wird aus Hahnenfleisch gemacht und aus Eiweiß; es soll aber viel Eiweiß darunter gemischt werden, so daß das afratum dadurch wie Schaum wird.“ (Liechtenhan, Eduard [Hrsg.]: Anthimi De observatione ciborum ad Theodoricum regem Francorum epistula. 2., um eine deutsche Übersetzung erweiterte Auflage [Corpus medicorum latinorum; 8,1], Berlin 1963, 40f.)

Schwein mit Honigessig (oxymeli) und Linsen mit Sumach (rhus syriacus) (Anthimos, De observatione ciborum 10 & 67, 6. Jh.)

Ebenfalls aus dem 6. Jahrhundert stammt Anthimos’ Rezept für Schweinefleisch, das mit einer Honig-Essig-Mischung aromatisiert wird. Dazu wurden Linsen gekocht, die mit Sumach, der zerriebenen roten Steinfrucht des immergrünen Färberbaums, abgeschmeckt waren.

„Spanferkel aber sind sehr bekömmlich und zuträglich gesotten z. B. in einer Brühe und (auch) im Ofen gebacken, wobei die Hitze nicht zu stark sein soll, damit sie nicht zu sehr angebrannt werden, sondern daß sie sozusagen gedämpft werden, und dann werden sie mit einfachem ὀξύμελι benetzt, das frisch zubereitet ist in der Weise, daß zwei Drittel Honig und ein Drittel Essig verwendet werden.“ (Liechtenhan, Eduard [Hrsg.]: Anthimi De observatione ciborum ad Theodoricum regem Francorum epistula. 2., um eine deutsche Übersetzung erweiterte Auflage [Corpus medicorum latinorum; 8,1], Berlin 1963, 36f.)

„Linsen aber, ebenfalls gut gewaschen und gut gekocht in reinem Wasser, wobei das erste heiße Wasser abgeschüttet und neues heißes Wasser zugegossen wird, mit Maß, nicht zu viel; und so sollen sie langsam kochen auf Kohlenglut, in der Weise, daß, wenn sie gekocht sind, ein wenig Essig zugesetzt wird des Geschmackes wegen, und auch das Gewürz beigefügt wird, welches Sumach heißt, pulverisiert, ungefähr ein Löffel voll.“ (Liechtenhan, Eduard [Hrsg.]: Anthimi De observatione ciborum ad Theodoricum regem Francorum epistula. 2., um eine deutsche Übersetzung erweiterte Auflage [Corpus medicorum latinorum; 8,1], Berlin 1963, 44)

Zicklein mit Zwiebeln, Knoblauch und Lauch (Liutprand von Cremona, Relatio 20, 10. Jh.)

Starke, geradezu herablassende Ansichten über viele Aspekte des byzantinischen Lebens und der byzantinischen Kultur werden von Bischof Liutprand von Cremona ausgesprochen, einem Gesandten des Kaisers Otto I., der Konstantinopel in den Jahren 949 bis 950 und erneut 968 besuchte. Liutprands lebhafter, wenn auch nörglerischer lateinischer Bericht über seine Gesandtschaft (Relatio de legatione Constantinopolitana) ist eine reiche Quelle für die Speisen, die dem Bischof während seiner Reise aufgetischt wurden – und die er nicht mochte. Besonders dem Garum, der fermentierten Fischsoße, mit der als Salzersatz häufig und kräftig gewürzt wurde, konnte er rein gar nichts abgewinnen. So schreibt er sarkastisch über eine Ziege, die ihm am Hof des Nikephoros II. Phokas serviert wurde:

„Er linderte meinen Schmerz mit einem großen Geschenk, indem er mir eines seiner raffinierten Gerichte schickte, eine fette Ziege, die er selbst gerade verspeiste, köstlich gewürzt mit Knoblauch, Zwiebeln, Poree und mit Fischlake (garum) übergossen, den ich immer gerne auf Eurer Tafel gesehen hätte, damit Ihr Euch bei seinem Anblick davon überzeugt, wenn Ihr die Genüsse des heiligen Kaisers nicht für beneidenswert haltet.“ (Bauer, Albert / Rau, Reinhold: Liudprands Werke, in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit [Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters; 8], Darmstadt ²1977, 543)

Aliter Dulcia (Theodoros Prodromos, Ptochoprodromos IV, 393–404, 12. Jh.)

Der byzantinische Schriftsteller Theodoros Prodromos verfasste vier satirische Versdichtungen, die sich unter anderem über den Unterschied der Ernährung in den Klöstern lustig machen. Während die Äbte wahre Delikatessen verspeisen dürfen, müssen sich die Mönche mit einfachsten Speisen begnügen:

„Ich komm schier um vor Hunger hier, und sie lassen mich fasten.
Seeteufel hauen die sich rein, wir uns die Heil’ge Brühe,
den Wein aus Chios saufen sie, bis sie’s erbrechen müssen,
aus Varna den bekommen wir, mit Wasser gut verschnitten,
die kriegen Sirup noch und noch zusammen mit den Krügen,
für uns gibt’s Wasser noch und noch zusammen mit dem Teller,
für die gibt’s Semmelweizenbrot, uns bleibt Brot aus Kleie,
die kriegen’s ofenfrisch und zart, bestreut mit Sesamkörnern,
für uns genügt das gröbste Mehl, das Brot gewälzt in Asche,
für die Pfannkuchen (τὰ λαλάγγια) unentwegt mit süßem Seim der Bienen (μὲ τὸ μέλι),
für uns ihr Klagen unentwegt mit bittrem Gift von ihnen,
die Süßigkeiten sind für sie, man trägt sie auf Tabletten“
(Eideneier, Hans: Ptochoprodromos. Einführung, kritische Ausgabe, deutsche Übersetzung, Glossar [Neograeca Medii Aevi; 5], Köln 1991, 210)

Als krönende Nachspeise gab es zum Abschluss der Seminarsitzung die leckeren Pfannküchlein mit Honig und schwarzem Pfeffer. So schmeckt Byzanz!

Sitzung 1: „Heiliges Brot“ backen: Prosphoren und ihre theologische Deutung

Ob hippes Bananen- oder ernährungsbewusstes Vollkornbrot: nicht erst seit Corona liegt Brotbacken voll im Trend. Das eigene Brot zuzubereiten, die Zutaten selbst auswählen zu können, den Teig mit den eigenen Händen zu kneten, den Geruch des frischgebackenen Laibes zu riechen und das noch warme Brot zu schmecken – dieses bäckerische Erlebnis erfreut sich großer Beliebtheit in den heimischen Backstuben.
Brot spielt für den christlichen Glauben eine herausragende Rolle und hat im Gottesdienst eine außerordentliche Bedeutung erlangt. Beim Letzten Abendmahl, das Jesus Christus mit seinen Jüngern hielt, setzte er die Eucharistie unter den Gestalten von Brot und Wein ein. Die Handlung des Brotbrechens ist in den Evangelien eng mit der Gegenwart des Auferstandenen verbunden, in Emmaus und am See Genezareth. Seit apostolischer Zeit versammeln sich die Christen um Brot und Wein, die in der Eucharistiefeier zu Leib und Blut Christi werden, um so Gemeinschaft mit ihm, dem „lebendigen Brot“, zu haben.
Aus literarischen Quellen der ersten vier Jahrhunderte ist nichts bekannt über eine besondere Herstellung, Formgebung oder Kennzeichnung des bei der Eucharistie verwendeten Brotes. Die Christen benutzten das übliche runde Brot, das durch eine Kreuzkerbung zum Brechen vorbereitet war, das sogenannte panis quadratus. Nachdem das Christentum Staatsreligion wurde, kam das Verlangen nach einem besonderen Brot für den Kult auf. Es lag nahe, das Brot für die Eucharistie als nichtprofan zu kennzeichnen, dies geschah durch die Entwicklung eucharistischer Brotstempel.
Die Ostkirchen – mit Ausnahme der Armenier und der Maroniten – haben immer gesäuertes Brot verwendet. In der armenischen Kirche ist die Verwendung von Azyma seit dem 6. Jahrhundert nachgewiesen. Ab dem 9. Jahrhundert bevorzugte auch der lateinische Westen Azyma, seit dem 14. Jahrhundert Hostien. Im Azymenstreit des 11. Jahrhundert kritisierten Michael I. Kerrularios, Patriarch von Konstantinopel, und Erzbischof Leon von Ohrid die lateinischen Praktiken als häretisch. Kardinal Humbert von Silva Candida knallte daraufhin 1054 die Exkommunikationsbulle auf den Altar der Hagia Sophia, womit das Morgenländische Schisma seinen Anfang nahm. Kirchenspaltung aufgrund unterschiedlicher Backrezepte?
In der ostsyrischen Tradition ist der „Heilige Sauerteig (ܡܠܟܐ)“ gar ein eigenes, von den Aposteln überliefertes Sakrament. Es handelt sich um ein Pulver, das unter den Teig gemischt werden muss. Jährlich wird es am Gründonnerstag in großer Feierlichkeit aus einer Mischung von feinem Weizenmehl, Salz, Olivenöl und Wasser erneuert.
Im Seminar wurden Prosphoren nach byzantinischer Tradition gebacken. Aus einer Hälfte des Teigs aus Weizenmehl, Wasser, Hefe und Salz entstanden Brote nach ukrainischem Rezept aus zwei Teilen. Der obere Teil des Laibs ist etwas kleiner, die Oberseite trägt den quadratischen Stempel ΙΣ – ΧΣ – ΝΙ – ΚΑ, d. h. Ἰησοῦς Χριστὸς νικᾷ (Jesus Christus siegt). Die andere Hälfte des Teigs wurde nach melkitischer Tradition mit Zucker und Rosenwasser aromatisiert.

Weiterlesen...

Zurück zur Lehre