Mediale Wahrnehmung des Islam bei Politiker:innen und Journalist:innen

Projektbeschreibung

Islam in den Medien
© Colourbox

Erkenntnisinteresse und Forschungsfrage:

Seit Jahren lässt sich in der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Migration eine „Islamisierung der Debatten“ feststellen. Fragen der Integration werden zunehmend als „Islamfragen“ verhandelt und mit der grundlegenden Frage nach einer Kompatibilität der Religion mit sogenannten „westlichen Werten“ verbunden.

Begleitet werden diese Diskussionen von gesamtgesellschaftlich etablierten Abwehrhaltungen gegenüber Muslim:innen und als solchen markierten Personen. So zeigt der Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung „den Islam“ als bedrohlich einstuft.  Einen populistischen Höhepunkt fanden diese Aversionen in der sich 2014 formierenden PEGIDA-Bewegung („Patriotische Europäer gegen eine Islamisierung des Abendlandes“). Mit ihr formierte sich eine aggressive völkische Bewegung, die ihren gemeinsamen Nenner in Demokratieverachtung, im Hass auf „Fremdes“ und insbesondere in der Dämonisierung des Islam fand.

Bezogen auf die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung von Muslim:innen und als solche markierte Personen kommt den Medien eine Schlüsselfunktion zu. Das in „westlichen Medien“ präsentierte Islambild ist seit Jahrzehnten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Übereinstimmend stellen diese fest, dass sich ein gewalt- und konfliktorientierte Berichterstattung etabliert hat, welche die zweitgrößte Religionsgemeinschaft der Welt in einen unmittelbaren Zusammenhang mit Bedrohungen wie dem internationalen Terrorismus bringt. Während diese medialen Tendenzen empirisch hinreichend belegt sind, zeigt sich eine Leerstelle bezüglich der Perspektiven diskursgestaltender Akteur:innen. Hier setzt das Forschungsvorhaben an und stellt Fragen danach, wie diskursgestaltende Akteure aus Politik und Medien die mediale Inszenierung eines bedrohlichen Islam wahrnehmen. Genauer: Werden mediale Zerrbilder und Vereinseitigungen komplexer Sachverhalte identifiziert? Und wenn ja, welche Konsequenzen hat dies für ihr politisches und journalistisches Schaffen?


Methoden:

Gruppendiskussionen und qualitative Interviews mit Journalist:innen und Politiker:innen


Laufzeit:

laufend, 2018 – April 2021


Projektdesign:

Das Forschungsprojekt untersucht auf empirische Weise und mit einer rassismustheoretischen Ausrichtung die Perspektiven diskursgestaltender Akteur:innen auf die mediale Inszenierung eines bedrohlichen Islam. Es verfolgt die Fragen danach, wie mediale Repräsentationen in der Kommunikation der Akteur:innen aufgegriffen werden und welchen Einfluss der mediale Islamdiskurs auf politische und mediale Entscheidungsprozesse hat. Die geführten Gruppendiskussionen verfolgen das Ziel konjunktive Wissenbestände und Erfahrungsräume der Akteur:innen herauszuarbeiten und zu rekonstruieren. Konjunktives Wissen wird in diesem Kontext als atheoretisches und handlungsleitendes Wissen verstanden, welches das Alltaghandeln der Akteur:innen strukturiert, aber nicht expliziert werden muss, da es von allen Beteiligten geteilt wird. Als konjunktiver Erfahrungsraum wird die gemeinsame berufliche Praxis angenommen. Die Befunde aus den Gruppendiskussionen werden in qualitativen Einzelinterviews vertieft.

Theoretisch verortet ist das Projekt in der Rassismusforschung. Es greift sowohl elaborierte Ansätze zu kulturalistisch argumentierenden Rassismen (Miles, Hall, Balibar), als auch neuere Erkenntnisse aus der Forschung zum antimuslimischen Rassismus (Shooman, Attia, Keskinkiliç) auf und synthetisiert diese mit den kultursoziologischen Analysen Pierre Bourdieus. Die Verstrickung in rassistische Ideologeme wird nicht als von der gesellschaftlichen Norm abweichende Sichtweise verstanden, sondern als Teil gesellschaftlicher Wissensbestände und als habitualisierte Wahrnehmungsoption, die Akeur:innen ein Interpretationsangebot zur Deutung der sozialen Welt bereitstellt.


Internes Projektteam:

Karin Scherschel, Benedict Bazyar-Gudrich


Verbundprojekt:

Das Forschungsvorhaben ist Teil des vom BMBF geförderten Verbundprojektes »Das Bedrohungsszenario des ›islamistischen Terrorismus‹ aus den Perspektiven von Politik, Medien und muslimischen Communities – eine empirische Studie«. Neben der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sind die Alice Salomon Hochschule Berlin (Prof. Dr. Iman Attia) sowie die Akkon Hochschule für Humanwissenschaften (Prof. Dr. Andreas Bock) beteiligt.


Assoziierte Praxispartner:

Das Projekt arbeitet mit sieben assoziierten Praxispartnern zusammen. Die Befunde der empirischen Analyse aller Teilprojekte werden zusammengeführt und systematisiert, sodass sie von den assoziierten Partnern für neue Zielgruppen und Bildungsangebote didaktisiert und in der praktischen Arbeit eingesetzt werden können.

Kontakt:
Benedict Bazyar-Gudrich
Benedict Bazyar-Gudrich M.A.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Gebäude Kapuzinerkloster  |  Raum: KAP-103