Forschungsprofile

Bildung

Seminar an der KU

Bildung wird verstanden als die transformative, aktive und selbsttätige Auseinandersetzung von Subjekten mit der Welt. Bildung als Selbstbildung wird dann angestoßen, wenn – u.a. migrationsbedingte – Krisen- und Fremdheitserfahrungen existierende gegebene Selbst- und Weltverhältnisse infrage stellen.

Im Forschungsschwerpunkt Bildung befasst sich das ZFM in theoretischen und empirischen Forschungen mit Fragen nach der Gestalt sowie dem Gelingen von Bildung(-sprozessen) im Kontext migrationsgesellschaftlicher (Macht-)Verhältnisse. Projekte in diesem Forschungsbereich widmen sich z.B. der Untersuchung von Holocaust Education in der Migrationsgesellschaft, Bildungsangeboten und -prozessen in Anker-Einrichtungen oder Verflechtungen von Migration, Sexualität und Geschlecht in sexueller Bildungsarbeit für Geflüchtete. Der Forschungsbereich umfasst Studien an der Schnittstelle von kritischer Migrations- und Fluchtforschung, Bildungs- und Erziehungswissenschaft sowie (Bildungs-)Soziologie.

(Im)Mobilität und Lager

Lager

Lager sind „Werkzeuge“ migrationspolitischer Regierungspraktiken, da sie Ordnung und Regulation herstellen. Weltweit existieren Lager, in denen Menschen freiwillig oder unfreiwillig untergebracht sind. Lager sind soziale Orte am Rande der Gesellschaft und sind für ihre Insassen mit eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten verbunden. Gleichzeitig sind Menschen nie nur bloße Objekte von Regierungs- und Kontrollpolitiken, sondern sie verfügen auch unter restriktiven Bedingungen über Gestaltungsspielräume und Agency.

In diesem Forschungsbereich finden sich Arbeiten, die Migrationsbewegungen mobilitätstheoretisch und im Kontext der Lagerunterbringung untersuchen. Mobilitätstheoretische Perspektiven fokussieren neben räumlichen Bewegungen auch soziale Mobilität und analysieren die Kräfteverhältnisse und Praktiken, die Menschen mobilisieren. Dabei gehen wir im Kontext der Lagerforschung von einer Dialektik von Mobilität und Immobilität sowie von Mobilisierung und Immobilisierung aus. So lässt sich nachvollziehen, wie das europäische Migrationsregime einerseits Mobilität fördert (bspw. jene der qualifizierten Arbeitsmigration) und andererseits zu verhindern versucht (bspw. Asylmigration). Mit dem Spannungsverhältnis zwischen Kontrolle und Gestaltungsmacht beschäftigen sich die Projekte in diesem Forschungsbereich.

Medien, Meinungen und Öffentlichkeiten

Medien
© colourbox.de

Medien sind machtvolle Gestalterinnen öffentlicher Kommunikation. Journalist:innen und weitere Kommunikator:innen aus Politik und Zivilgesellschaft prägen in digital vernetzten Öffentlichkeiten nachhaltig gesellschaftliche Diskurse und damit Meinungsbildungsprozesse, unter anderem zu Flucht und Migration.

Der Forschungsbereich Medien, Meinungen und Öffentlichkeiten steht für Projekte an der Schnittstelle von Flucht- und Migrationsforschung, Kommunikationswissenschaft und (Medien-)Ethik. Er beschäftigt sich mit den Ursachen, der Gestalt und den Folgen von pluralisierenden und polarisierenden Kommunikationsprozessen in einer digitalen Migrationsgesellschaft. Projekte mit diesem Schwerpunkt widmen sich unter anderem Fragen der medialen Repräsentation, Teilhabe aber auch Diskriminierung von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung und richten ihr Augenmerk auf die journalistische Verantwortung in öffentlichen Aushandlungsprozessen sowie auf die Rolle der Mediennutzung für die Entstehung und den Wandel abwehrender und fremdenfeindlicher Haltungen in der Aufnahmegesellschaft.

Teilhabe, Solidarität und Zivilgesellschaft

Wir sind Eichstätt
© K. Albrecht

Flucht und Migration sind gesellschaftspolitische Konfliktfelder. Fragen von Aufnahme, Schutz, Teilhabe und Zugehörigkeit sind stetigen gesellschaftspolitischen Aushandlungsprozessen unterworfen. Flucht- und Migrationsbewegungen stoßen sowohl auf Abwehrhaltungen in der Bevölkerung als auch auf Solidarität und Unterstützung. In unseren Forschungen analysieren wir insbesondere die Rolle der Zivilgesellschaft jenseits rechtlich verfasster staatlicher Institutionen und marktwirtschaftlicher Aktivitäten. Als Sphäre des bürgerschaftlichen Engagements fungiert sie einerseits idealerweise als kritisches Korrektiv und hat demokratiebildende Funktionen. Im Zuge wohlfahrtsstaatlicher Transformationen büßt sie jedoch andererseits ihre gesellschafskritische Mittlerrolle zwischen privater Lebenswelt und institutionalisierter Sozialpolitik ein. Stattdessen droht bürgerschaftlichem Engagement sozialpolitisch eine Vereinnahmung von staatlicher Seite.

Forschungen in diesem Feld befassen sich nicht nur mit der ambivalenten Rolle der Zivilgesellschaft z.B. im Engagement für geflüchtete Menschen in Kommunen, sondern fragen nach den Voraussetzungen gelingender Solidarität und Teilhabe in konfliktiven Handlungsfeldern wie z.B. dem Kirchenasyl.

Vergangenheiten, Rassismus und Erinnerungen

In Memory
© colourbox.de

Erinnerungen sind soziale Praxen, die individuell oder kollektiv konstruiert und durch Interaktion und Kommunikation sozialer Gruppen hervorgebracht werden. Sie sind stets produktiven und performativen (Neu-)Aushandlungen unterworfen. Sie unterliegen sozialem Wandel und ihre Sichtbarkeit ist von der Handlungs- und Definitionsmacht sozialer Gruppen sowie (deren) Ressourcen abhängig. Vergangenheiten und Erinnerungen werden in den Forschungen des ZFM geschichtlich-historisch begriffen und aus soziologischer, erziehungs- und bildungswissenschaftlicher sowie rassismustheoretischer Perspektive untersucht. Der Forschungsbereich fragt danach, wie in der Migrationsgesellschaft erinnert wird. Analysiert werden in Vergangenheiten und Erinnerungen eingeschriebene Machtverhältnisse und soziale Positionierungen.

Forschungsprojekte in diesem Schwerpunkt blicken beispielsweise auf historisch-politische (Erwachsenen-)Bildung zu Nationalsozialismus und Holocaust, Prozesse der Konstruktion und Tradierung von (Familien-)Narrativen und Erzählungen sowie auf die Eichstätter Lokalgeschichte zum ehemaligen Displaced Persons Camp in Eichstätt.